Ezra Pound, geboren 1885 in Hailey
(Idaho), gestorben 1972 in Venedig, gilt heute als einer der bedeutendsten
amerikanischen Dichter des 20. Jahrhunderts (u.a. "Cantos"). Sein
Werk richtete sich vor allem gegen den Kapitalismus US-amerikanischer Prägung.
1939 apellierte er an Präsident Roosevelt, sich nicht am Krieg zu beteiligen.
Als seine Aufrufe vergeblich geblieben waren, propagierte er im italienischen
Rundfunk den Sieg der Achsenmächte über die "Wallstreet-Plutokratie".
Bei Kriegsende wurde er von den Siegern in Pisa unter freiem Himmel in einen 1
qm großen Käfig gesperrt. Darin mußte der 60jährige drei Wochen zubringen. Ende
1945 nach Washington geschafft, wurde er in eine Irrenanstalt eingewiesen, wo
er anderthalb Jahre in einer fensterlosen Gummizelle mit geisteskranken
Schwerverbrechern zusammengesperrt war, dann in einem größeren Raum mit senilen
Kranken. Erst 1958, nach 13 Jahren, erhielt Pound aufgrund öffentlicher
Proteste die Erlaubnis, die Irrenanstalt zu verlassen. Er entschloß sich zur
abermaligen Übersiedlung nach Italien. Dort erklärte er Journalisten, endlich
sei er aus einem Irrenhaus entkommen, "das von 180 Millionen Insassen
bevölkert wird".
Quelle:
"Prominente ohne Maske", S. 354 f
Ezra Pound zum Beispiel schreibt in
Canto 52:
Sünde zieht Vergeltung nach sich, arme Jidds bezahlen für
.....
bezahlen für die Vendetta von ein paar großen Juden an Goyim (= Nichtjuden ).
(Das
..... steht für »Rothschild«, ein Name, den Pounds Verleger auf Anraten seines Anwalts entfernte. Pound
bestand darauf, das ..... im Text zu belassen, damit man sah, daß sein Text
einer Säuberung unterzogen worden war.)
Was immer man von Pounds
poetischem Gebrauch der Muttersprache hält, seine Worte repräsentieren eine der
wenigen nicht austauschbaren Verschwörungstheorien: Ein paar große (= reiche)
Juden tragen die Schuld an allem, sagt er, und die armen Juden müssen
ungerechterweise dafür zahlen. Solche Theorien, die ein Körnchen Vernunft
beinhalten, halten sich in Konspirologen-Kreisen meist nicht sehr lang, auch nicht in den Köpfen einzelner
Verschwörungsjäger. Ein paar Jahre nachdem er diese Zeilen geschrieben
hatte, begann Ezra Pound im Radio Rome über »die Juden« als homogene Gruppe
herzuziehen, die für die schlechte Wirtschaftslage verantwortlich sei. Eine ganz
ähnliche Dynamik sieht man in der
Entwicklung fast aller Verschwörungstheoretiker ...
Quelle: „Das Lexikon der Verschwörungstheorien“ von Robert Anton Wilson, Eichborn, Frankfurt am Main 2000, S. 12 (Das o.g. Zitat findet der interessierte Leser in „The Cantos of Ezra Pound“, New Directions, 1975, S. 257)
EZRA POUND
Ezra Loomis
Pound (1885-1972) gilt nicht nur als einer der größten Poeten des 20. Jahrhunderts, er hielt sich selbst auch für
einen bedeutenden politischen und ökonomischen Philosophen, und seine
späte Poesie und Prosa enthalten viele Theorien,
die vom analytisch Plausiblen bis zum seltsam Verschwörerischen reichen. Pounds
Cantos, das längste (824 Seiten) und ehrgeizigste aller modernen Gedichte, stellt die Geschichte als immerwährenden Kampf
zwischen den Rechten des Individuums und den Intrigen jener dar, die
von Habgier und Machtlust besessen sind. Der
Kampf ist in seinen Frühphasen politisch (weshalb Mons of Jutland, eine wenig bekannte
Figur, für seine Weigerung, sich in einen Religionskrieg verwickeln zu lassen,
hoch gelobt wird), und die Helden des Werkes sind Konfuzius, Lord Coke (der die
britische Monarchie in ihre Schranken verwies) und Thomas Jefferson/ John Adams
als die dialektischen Zwillinge, aus denen die besten amerikanischen
Traditionen hervorgingen.
Später wird der
Kampf ökonomisch, als die Gierigen und Machtsüchtigen durch internationale
Banken »Regierungen« außerhalb der Regierung errichten. Pound nennt dies das
Zeitalter der Wucherei.
Hier sind die Helden noch
einmal Adams, Senator Thomas Hart Benton, Andrew Jackson, ein Haufen
utopianischer Geldreformer und, leider, Benito Mussolini. Ganz sicher hat kein anderer Dichter je versucht,
die Geschichte in so großem Maßstab zu beschreiben, und keinem ist dies
mit so brillanten Details von Klang und Symbolik gelungen.
Das
Gedicht hat, trotz seiner verschwörerischen Unheimlichkeit, beinahe jede nachfolgende Dichtung
beeinflußt, und am Ende verwirft Pound den Antisemitismus, der die mittleren Teile entstellt. Er weiß, daß
seine einzige Verteidigung keine Verteidigung ist:
Let the Gods forgive what I
(Laßt die Götter vergeben, was ich
Have made Gemacht habe
Let those I love try to forgive Laßt die, die ich liebe, versuchen zu vergeben,
What I have
made Was ich gemacht habe)
Quelle: „Das Lexikon der Verschwörungstheorien“ von Robert Anton Wilson, Eichborn, Frankfurt/Main 2000, S. 284
Anmerkung: Die Cantos über
die Haft in Pisa sind im Jahre 2002 in einer gelungen erläuterten Neuausgabe
erschienen (Ezra Pound: „Pisaner Cantos“, Arche, 285 Seiten, 22,- Euro)