Typisch lübsch (117)
Wird nun auch das Casino-Grundstück verschleudert?
Schreiben des Rechnungsprüfungsamtes der Hansestadt Lübeck vom 8.5.2006
an Herrn Bürgermeister Saxe betreffend den Verkauf
des Casinogrundstücks in Travemünde, Kaiserallee
Nach Prüfung der Vorlage vom
11.04.2006 und der dazu vom Bereich 2.280 ‑ Wirtschaft, Hafen und
Liegenschaften nachgereichten Aussage des Gutachterausschusses bleiben für das
Rechnungsprüfungsamt weiterhin Fragen offen, die vor einem Verkauf des o.g. Grundstückes geklärt werden müssen:
Durch den Verkauf des Casino‑Grundstückes
verzichtet die Hansestadt Lübeck langfristig für die Dauer des
Erbbaurechtsvertrages auf ca. 20 Mio. Euro. Dieser Einnahmeverlust wird nach
Auffassung des Rechnungsprüfungsamtes durch den vorgeschlagenen Verkaufspreis
nicht ausreichend kompensiert. In der Vorlage wird für die gesamte bebaute
Fläche des Grundstückes ein 20 %iger Abschlag für ein
darauf befindliches denkmalgeschütztes Gebäude berücksichtigt. Nach unserer
Kenntnis belegt der denkmalgeschützte Teil nicht die gesamte bebaute Fläche,
insofern wäre für den nicht denkmalgeschützten Teil der volle Bodenrichtwert
anzusetzen. Auch wird die Berücksichtigung des Abschlages für den Denkmalschutz
in dieser Höhe nicht für angebracht gehalten, da aus unserer Sicht mit dem
Denkmalschutz eine Attraktivitätssteigerung für das Hauptgebäude zu verzeichnen
ist und der Eigentümer die für die Bauunterhaltung entstehenden Aufwendungen
steuerlich besonders geltend machen kann. Des weiteren
ist für das Rechnungsprüfungsamt nicht nachvollziehbar, dass für den unbebauten
Teil des Grundstückes lediglich ein Fünftel des reduzierten Bodenrichtwertes angesetzt worden
ist. Die zur Ostsee hin gelegene Grünfläche ist für die Nutzung des gesamten
Objektes mit den dadurch möglichen Nutzungen
(Musikveranstaltungen vor der Muschel, Außengastronomie, Tanz im Casinogarten)
zwingend erforderlich und damit für das Gesamtensemble ein wesentlicher
Bestandteil.
Der vom Gutachterausschuss
berücksichtigte Bodenrichtwert von 730 Euro/qm entspricht lt. Rückfragen bei
anderen Ostseebädern nicht dem Verkehrswert und kann somit lediglich als
unterste Vorgabe für Verkaufsverhandlungen
angesehenen werden, die bei dem Casinogrundstück aufgrund seiner exponierten
Toplage mit unverbaubarem Meerblick zu einem wesentlich höheren Verkaufserlös
führen müsste.
Beim direkten Vergleich mit
dem in derselben Sitzung des Wirtschaftsausschusses unter TOP 9.5 zu
behandelnden Verkauf eines gleichgroßen Grundstückes für die Errichtung eines Supermarktes
in Eichholz auf einem ehemaligen Deponiegelände erscheint der beim Verkauf des
Casino‑Grundstückes vorgeschlagene in etwa doppelt so hohe Verkaufserlös
als zu gering. Zur nachhaltigen Kompensation der künftig entfallenden
Erbbauzinseinnahmen sollte ein deutlich über dem Vorschlag liegender
Verkaufspreis erzielbar sein.
Anmerkung: Nicht nur, daß der Senat der Hansestadt Lübeck unter der
faktischen Führung eines zwielichtigen Wirtschaftssenators - augenscheinlich
haltlos und sinnlos - das lübsche Tafelsilber
verscherbelt, nein, dies soll jetzt erneut - wie schon bei den Priwall-Grundstücken - "für 'n Appel
und 'n Ei" geschehen.