Zweitrangige Opfer

 

(...) Die mediale politisch‑korrekte Mache in bezug auf die NS‑Vergangenheit dient vor allem der ideologischen Selbstvergewisserung der Machthaber in Politik und Mainstream-­Medien des herrschenden Demokratismus. Die Behauptung, das es um die Opfer ginge, ist nicht mehr als eine Schutzbehauptung, um im gegenwärtigen politischen Machtgerangel Deutungshoheit und politisch‑kulturelle Hegemonie zu festigen, sowie lukrative, einkommensverschaffende Positionen zu besetzen.

 

Die andere deutsche Diktatur, der Kommunismus, dessen weltanschaulicher Hintergrund in seiner stalinistischen Vervollkommnung (Stalin, Mao, Pol Pot etc.) weltweit im 20. Jahrhundert die meisten Vernichtungsopfer zu verantworten hatte, wird in der Opferhierarchie als zweitrangig eingestuft. Das ist kein Wunder ‑ wenn transformierte Poststalinisten der SED/PDS/Linkspartei heute darüber mitzuentscheiden haben ‑, aber auch nur die halbe Wahrheit. Ehemalige Westlinke, die den Ritt durch die Institutionen, Parteien und Verbände, erfolgreich absolviert haben, können heute ihren Genossen aus der Ex‑DDR brüderlich die Hand reichen. Leider haben sie den Kalten Krieg nicht wirklich verloren.

 

BERND VOLKHARDT,                              BERLIN

 

Quelle: Leserbrief in JUNGE FREIHEIT vom 9. Juni 2006