Abgenagtes Gerippe

 

Als ich nach fast 50 Jahren Arbeitsleben meine Rente erhielt, glaubte ich, wie Hemingways Fischer Santiago in „Der alte Mann und das Meer“, den Fang meines Lebens gemacht und fürs Alter ausgesorgt zu haben. Allerdings hatte auch ich nicht mit den Haifischen, sprich den Politikern unser großen „Volksparteien“, gerechnet. Als die ihr Zerstörungswerk vollendet hat­ten, blieb mir von meiner Rente genau­so viel übrig wie Santiago von seinem Schwertfisch: ein abgenagtes Gerippe, das nutzlos im brackigen Hafenwasser dümpelt. Darum gibt's nur eins: Die kleinen Parteien wählen, damit sich die großen rot- und schwarzärgern!

 

Quelle: Ludwig Miehe im SPIEGEL-Leserbrief 37 / 2007 / 10

 

Anmerkung: Bereits vor geraumer Zeit hatten wir es nicht nur für eine Bereicherung des Parlamentarismus gehalten, wenn die PDS (heute: Die Linke) und die NPD jeweils mit etwa 20 % im Bundestag vertreten wären und wenn diese sich von gewissen Vorurteilen lösen könnten, um objektiv programmatische Gemeinsamkeiten zu untersuchen. Vielleicht wird das Beispiel Sachsen ja bald Schule machen: Die NPD überholt die SPD, die beiden „großen Volksparteien“ haben zusammen keine Mehrheit mehr und die CDU liefe unter einer an der verfassungsmäßigen Ordnung orientierten Rechtspflege Gefahr, wegen ungeheuerlicher Rechtsbrüche verboten zu werden.